
Ein Erfahrungsbericht vonIrina Zhitkova, AI Content Trainee
Content ohne Kamera
Fotoproduktionen sind teuer. Koordination, Studio, Licht, Setbau, Nachbearbeitung – alles braucht Ressourcen. Ziel dieses Projekts war es, eine klassische Handelsmarke in eine emotional aufgeladene D2C-Marke zu transformieren. Der Anspruch: hochwertiger, konsistenter Bild- und Textcontent – ohne klassische Produktfotografie.
Das Experiment: KI statt Kamera. Digitale Tools statt physischer Aufbauten. Prompt statt Shooting-Briefing. Der komplette Markenauftritt sollte in kurzer Zeit realisiert werden. Ob das funktionieren kann, wurde unter realen Bedingungen getestet.
Setup: Drei Menschen, vier Tools, ein Ziel
Ein kleines interdisziplinäres Team arbeitete entlang klar verteilter Rollen:
- Content Creation mit KI (Text, Bild, Bewegtbild)
- Technische Umsetzung im Shop (Testing, Setup, Integration)
- Strategische Steuerung und Feedbackschleifen
Vier Tools kamen fokussiert zum Einsatz:
- ChatGPT für Textentwicklung, Headlines, SEO-Bausteine und Prompt-Formulierung
- flair.ai für kontextuelle Bildszenen (z. B. Wohnzimmer, Klassenzimmer)
- Runway AI für animierte Kurzclips
- Canva Pro für Retusche, Schattenkorrektur und finalen Export
Die Arbeitsweise: KI liefert Vorschläge. Entscheidungen, Auswahl und Optimierung erfolgen menschlich.
Was funktioniert hat – und was nicht
Die KI ermöglichte Bildwelten, die klassischen Produktfotos ähneln. Beispiele aus dem Projekt:
- Variantenkommunikation: Zwei Produkte in unterschiedlichen Größen wurden so inszeniert, dass das Verhältnis auf einen Blick erkennbar war.
- Emotionales Storytelling: Ein Setting zur Einschulung erzeugte Relevanz und Kontext für einen saisonalen Anlass.
- Visuelles Key Visual: Unterschiedliche Produkte wurden in einem Bild vereint – ohne Stilbruch, aber mit gemeinsamer Aussagekraft.

Doch der Aufwand wurde oft unterschätzt.
Typische Fehler:
- Falsche Schattenführung
- Verfremdete Objekte (z. B. ungewollte Details)
- Unrealistische Lichtverhältnisse
- Mangel an konsistenter Perspektive
Jedes Bild musste einzeln kontrolliert, nachgeschärft und ggf. überarbeitet werden. Ohne visuelles Verständnis hätte die Qualität nicht ausgereicht.
Drei Schlüsselerkenntnisse
1. Prompts sind Design-Briefings.Unklare Eingaben führen zu unbrauchbaren Bildern. Nur mit exakter Beschreibung zu Perspektive, Licht und Umgebung lassen sich wiederholbare Ergebnisse erzeugen.
2. Feedback ist systemrelevant.Gute Ergebnisse entstehen im iterativen Prozess. Die visuelle Qualität war das Resultat gemeinsamer Reviews und fachlicher Diskussion, nicht technischer Automatisierung.
3. KI liefert Optionen, keine Entscheidungen.Tools erzeugen Varianten. Die Bewertung, welche davon zur Marke passt, bleibt Aufgabe des Teams.

Fazit: Kann KI Produktfotografie ersetzen?
Nur bedingt.
Stärken:
- Hohe Geschwindigkeit
- Skalierbarkeit für Varianten
- Niedrige Kosten
- Flexibler Einsatz bei saisonalem Content
Grenzen:
- Fehlende Detailtiefe
- Unzuverlässige Konsistenz
- Kein Ersatz für Nahaufnahmen oder Materialtexturen
Im vorliegenden Projekt war der KI-Einsatz ein Erfolg, weil Erwartung und Einsatzfeld aufeinander abgestimmt wurden. Produktfotografie wurde nicht ersetzt, sondern durch neue Formate ergänzt.
Empfehlungen für andere Marken
- Strategie vor Toolwahl. KI ersetzt keine Contentstrategie.
- Bildsprache definieren. Nur wer weiß, wie es aussehen soll, erkennt gute Ergebnisse.
- Fehler dokumentieren. Nur so entstehen wiederholbare Workflows.
KI kann Markenarbeit beschleunigen, aber sie erfordert Verantwortung in der Umsetzung. Qualität entsteht nicht durch Technik, sondern durch Teamwork, Feedback und klare Ziele.
Von Masse zu Message. Von Idee zu Umsetzung. Und das alles – mit KI.